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Chinas Textilien fluten den Weltmarkt

Verfasst am: 13.04.2005 07:53

Chinas Textilien fluten den Weltmarkt

Der Fall der Handelsschranken bringt den globalen Bekleidungshandel in Bewegung
von Christiane Kühl


Hunderte Nähmaschinen surren in der klimatisierten Halle. Arbeiterinnen nähen im Akkord meterhohe Berge von Stoffen zu Kleidungsstücken zusammen, die von hier aus die Reise um die Welt antreten werden: braune Outdoorjacken für die amerikanische Firma JCPenney, hellblaue Männerhemden für Hennes & Mauritz.

Schnell und billig. Die Näherinnen der Firma Pengda Clothing in einem Pekinger Vorort verdienen etwa 60 Euro im Monat. Mehr als es in ihren Dörfern möglich wäre. Doch die Nähmaschinen sind nur eine Zwischenstation. Nach einigen Jahren in der Stadt werden die meisten von ihnen zurückkehren, um zu heiraten.

Chinas Textilindustrie erlebt in diesen Tagen einen regelrechten Boom, der selbst für das erfolgsverwöhnte Riesenland ungewöhnlich ist. Grund dafür ist das Auslaufen der seit mehr als drei Jahrzehnten geltenden Importquoten im weltweiten Textilhandel zum Anfang des Jahres.

Damit ist die Zurückhaltung endgültig gefallen. Die Liefermengen einiger Textilwaren erlebten sogar ein explosionsartiges Wachstum. Nach Angaben der Textillobbyorganisation American Manufacturing Trade Action Coalition stiegen die Lieferungen von Baumwollhosen in die USA um 1521 Prozent an. Auch der Export von Socken in die Länder der Europäischen Union legte kräftig zu. Nach offiziellen chinesischen Zahlen wuchsen die gesamten Bekleidungsexporte für die ersten zwei Monate 2005 um 28,1 Prozent, die Textilienexporte um 34,6 Prozent.

Dem globalen Textil- und Bekleidungshandel stehen damit gewaltige Umschichtungen bevor, bei denen es auch Verlierer geben wird. Dabei sind nicht nur Arbeitsplätze in den Empfängerländern in Gefahr. Auch die Produzenten in ärmeren Ländern wie Kambodscha und Bangladesch müssen sich auf die härtere Konkurrenz einstellen.

China kann seine Vorteile vor allem bei den günstigen Löhnen und bei seiner Produktionstiefe ausspielen. Fasern, Stoffe und Accessoires können alle im eigenen Land hergestellt werden. Dazu kommt die schiere Größe Chinas. Aus diesem Grund wird aber auch Indien zu den großen Gewinnern zählen. Nach Schätzungen der Schweizer Großbank UBS in Hongkong wird Chinas Weltmarktanteil in den nächsten Jahren auf 60 bis 70 Prozent ansteigen - heute sind es gerade einmal 20 Prozent.

In den USA liegen die Nerven bereits blank. Das Textilkomitee des US-Handelsministeriums kündigte eine Untersuchung an, in der festgestellt werden soll, wie stark Chinas Importe den heimischen Markt stören. Lokale Hersteller forderten bereits die US-Regierung auf, für 14 Produkte Schutzquoten zu verhängen.

Auch in der Europäischen Union macht sich Nervosität breit. Der Verband von Textilfirmen Europas und des Mittelmeerraumes Euratex forderte Quoten auf insgesamt zwölf Produkte. Handelskommissar Peter Mandelson zeigte sich "besorgt" von der Warenflut aus China. Die Daten von nur zwei Monaten reichten aber nicht für eine Entscheidung, so Mandelson am Mittwoch bei der Vorstellung von Leitlinien, die mehrere Warnstufen auf Basis der Importe aus China vorsehen. Demnach läßt die EU Zuwächse zwischen zehn und 100 Prozent zu.

Bei Erreichen der Warnschwellen solle zunächst das Gespräch mit Peking gesucht werden, so Mandelson. Laut Chinas Abkommen zum Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO dürfen Mitgliedsstaaten bis 2008 die Importzuwächse aus China durch Schutzmaßnahmen auf 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr beschränken, wenn sie "Marktstörungen" nachweisen können. In der EU fürchten vor allem Italien, Frankreich und Portugal um den Bestand ihrer Textilindustrie.

China hat auf die Ankündigungen aus den USA und der EU mit Empörung reagiert. Das Außenministerium nannte die Befürchtungen "irrational" und "überprotektionistisch". "Jeder Versuch, das Quotensystem wieder auszuweiten, verstößt gegen das Prinzip des Freihandels und erschüttert die Grundlagen des multilateralen Handelssystems", erklärte Chong Quan, Sprecher des Handelsministeriums in Peking.

Zugleich gibt es Streit um Anti-Dumping. Chinesische Hersteller von Polyesterfasern (PSF) forderten Peking auf, eine europäische Anti-Dumping-Maßnahme vor das WTO-Schiedsgericht zu bringen. Die EU-Kommission hatte zuvor Strafzölle von bis zu 49,7 Prozent auf chinesische PSF-Importe verhängt. Die Klage der Chinesen: Die EU habe überhöhte Kartellpreise als Grundlage genommen, um chinesische Hersteller des Dumpings bezichtigen zu können.

Einen ernsten Handelskonflikt will China dennoch vermeiden. Peking verhängte Anfang des Jahres eine Ausfuhrsteuer auf Textilien und erwägt Selbstkontrollen der Firmen. Mehr als 400 Produzenten, die zusammen die Hälfte des Exportvolumens stellen, haben nach Angaben des China Council for the Promotion of International Trade bereits freiwilligen Mindestpreisen zugestimmt.

Das Reich der Mitte werde sich mit der Zeit aus der reinen Billigproduktion verabschieden, sagt William Fung, Chef der Hongkonger Handelsfirma Li&Fung, die viele Geschäfte mit dem Verkauf von Textilien aus China macht. Das wäre eine Chance für Länder wie Bangladesch.

In den Empfängerländern profitieren bereits jetzt die Importeure von den fallenden Preisen. Europas größter Mode-Einzelhändler Hennes & Mauritz gab bekannt, daß die Gewinne im ersten Quartal dieses Jahres auch dank des Quoten-Endes um 29 Prozent gestiegen seien. H&M bezieht 60 Prozent seiner Textilien aus Asien, darunter China, Korea und auch Thailand.

Von einer Textilflut will in China allerdings niemand reden. Die Explosion der Exportzahlen vom Jahresanfang sei "ein vorübergehendes Phänomen", sagte kürzlich Vize-Handelsminister Zhang Zhigang. In einer UBS-Studie hingegen wird die Steigerung der Textil- und Kleidungsexporte seit Mitte 2002 mit 20 und 30 Prozent angegeben.

Der Druck auf die Verliererländer steigt schon heute. In Kambodscha, wo die Bekleidungsindustrie bis Jahresende mehr als 90 Prozent der gesamten Exporte und 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes stellte, verloren schon 26 000 Arbeiter ihren Job, weil Dutzende Textilfirmen schließen mußten. Jeder zehnte Arbeitsplatz der Branche ging verloren.


Artikel erschienen am 10. April 2005 in Wirtschaft/Die Welt
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